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Der jüdische Friedhof in Michelbach/Lücke

Zur Besonderheit eines jüdischen Friedhofes, hebräisch „bet olmin“, Ort der Ruhe,

„Haus der Ewigkeit“, gehört, dass er als zweite Heimat der Menschen gilt. Die Totenruhe ist heilig, darum finden keine Führungen am Sabbat statt. Ein Friedhof wird wie gottesdienstlicher Raum gesehen. Darin liegt eine Besonderheit des Judentums: Gräber werden kein zweites Mal belegt. Die Toten ruhen bis zur Auferstehung am jüngsten Tag.

Oft werden auch umgestürzte Grabsteine nicht mehr aufgerichtet, meistens wird nur gemäht, damit der Zugang zu den Gräbern gewährleistet ist.

Friedhöfe liegen oft außerhalb der Ortschaften, zum einen wegen der erforderlichen Totenruhe, zum anderen wegen der nur einmaligen Belegung der Gräber. Man brauchte Platz für Erweiterungen, die auch 1851 und 1883 erfolgten. Außerdem lag der Friedhof oft an Stellen mit einem nicht sehr guter Ackerboden. Wasser zum Waschen wurde oft in einem Wasserfass mitgebracht, sofern kein fließendes Wasser vorhanden war. Die Toten liegen vor dem Grabstein, mit dem Kopf am Grabstein und dem Blick Richtung Osten, damit sie beim Kommen des Messias ihn sehen und auferstehen können.

Es gilt der Grundsatz: Im Tod sind alle gleich. Der Sarg ist darum ein einfacher Holzsarg aus ungehobelten Brettern, der Leichnam wird in ein einfaches, weißes Gewand gehüllt. Die Grabsteine sind unterschiedlich, manche ganz schlicht, manche stärker gestaltet. Laut Dr. Yuval Lapide weisen die einfachen Grabsteine auf Gräber von orthodoxen Juden hin, die anderen auf die Gräber liberaler Juden. Die Stilrichtungen sind aus der Barock- und Rokokozeit (oft mit Muschel); im 19./20. Jahrhundert finden sich neoklassizistische Formen (mit Säulen und Pilastern). Neoromanik und Neogotik beeinflussen auch die Grabsteingestaltung.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wuchsen die jüdischen Gemeinden in Michelbach, Wiesenbach und Hengstfeld so stark, dass sie die Genehmigung eines eigenen Friedhofs beantragten. Zuvor musste immer der beschwerliche Weg nach Schopfloch vorgenommen werden mit Kosten für Brücken- und Wegezölle. 1840 wurde etwa einen Kilometer außerhalb Michelbachs der jüdische Friedhof angelegt. Zwischen 1840 und 1900 wurden hier annähernd 300 Menschen bestattet. Bedingt durch die Abwanderung in die größeren Städte und später durch das Aufkommen des Nationalsozialismus waren es zwischen 1901 und 1938 nur noch 71 Personen.


Jüdisches Grab

Auf dem Friedhof sind die Männer gehalten, eine Kopfbedeckung zu tragen. Die Gräber sind ist nach Osten ausgerichtet, dort liegt Jerusalem, dort wird die Ankunft des Messias erwartet. Bis heute werden Steine auf den Grabsteinen abgelegt.  Sie dienten in der Wüste zum Schutz vor dem Ausgraben durch wilde Tiere und sind auch Zeichen der Erinnerung und des Gedenkens, vergleichbar unseren Blumen.

Auf jedem Grabstein stehen die Buchstaben, die Abkürzung für „tehi nischmato zeerura bizror hächajim“, aus 1. Sam 25,29 „Möge seine Seele eingebunden sein im Bündel des ewigen Lebens“

Besondere Merkmale:

  • Mohnkapsel = ewige Ruhe

  • Immergrün = Hoffnung, ewiges Leben

  • Messer = Mohel, Beschneider

  • Beschamin Box enthält Gewürze, an denen man noch einmal riecht, steht für das Ende des Sabbats und Beginn des Alltags

  • Buch = toratreu, symbolisieren auch Weisheit und Wissen

  • Horn = Schofarhorn, der Verstorbene hat an hohen Feiertagen in der Synagoge geblasen

  • Kanne = Levit, Tempeldiener, Wasser und Öl

  • geknickte Rosen = Kindergrab

  • Menorah = ewiges Licht Gottes

  • segnende Hände = Priester oder Nachkommen aus Priestergeschlecht (Cohen)

Jüdische Grabsteine